Skandal in Luftfahrtbranche: Ein undurchsichtiges Geflecht aus Tochterfirmen, Scheinwohnsitzen und Leiharbeit

11. Dezember 2014

SPD-Europaabgeordnete prangern Verhalten von EU-Kommission an und fordern Aufklärung

Von Gabriele Preuss und Ismail Ertug

Die EU-Kommission lobbyiert in den USA für Unternehmen, die anhand fragwürdiger Praktiken gezielt Steuer-, Sozial und Sicherheitsstandards umgehen. So lautet der derzeit im Raum stehende Vorwurf gegen die oberste europäische Behörde. Die SPD-Europaabgeordneten verlangen Aufklärung und fordern in einer schriftlichen Anfrage die EU-Kommission auf, dazu Stellung zu nehmen.

Es geht dabei um folgenden konkreten Fall: Das in Irland ansässige, aber von Norwegen aus gesteuerte Flugunternehmen Norwegian Air International beschäftigt Piloten und Flugbegleiter über ein undurchsichtiges Geflecht aus Tochterfirmen, Scheinwohnsitzen und Leiharbeit. Dabei setzt sie vor allem auf Personal aus Thailand und Singapur, das zu Niedrigstlöhnen arbeitet, und schafft ein Arbeitsumfeld, das zu Lasten der Qualität und Sicherheit geht.

Das US-Verkehrsministerium hat der Fluggesellschaft, vorläufig die Erteilung einer Fluggenehmigung verwehrt. Die EU-Kommission hingegen hat den US-amerikanischen Partnern in einer eigens einberufenen Sondersitzung den Bruch von gültigen Abkommen vorgeworfen und sich massiv für Norwegian Air International eigesetzt. Dieses Verhalten hat eine breite Gegenfront aus Gewerkschaften und Flugunternehmen in Europa und den USA provoziert.

"Die EU-Kommission schaut gerne schon mal weg, wenn Unternehmen europäische Arbeits- und Sozialstandards untergraben. Wenn sich die Vorwürfe im Fall von Norwegian Air International bestätigen sollten, dann haben wir es hier aber mit einer ganz neuen Dimension zu tun", so Gabriele Preuss SPD-Europaabgeordnete und Mitglied im Verkehrsausschuss.

Das Flugunternehmen will sich durch diese umstrittene Geschäftspraxis erhebliche Wettbewerbsvorteile verschaffen und stellt so etwa für die Strecke Europa-USA einen Flugpreis von 150 US-Dollar in Aussicht. Ismail Ertug, verkehrspolitischer Sprecher der sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament warnt: "Solche fragwürdigen Praktiken drohen auf Kosten der Sicherheit zu gehen und dürfen in der EU nicht geduldet werden." Zumal derart niedrige Preisversprechen mit Hungerlöhnen und unter Umgehung europäischer Standards erkauft würden.

Gabriele Preuss fordert: "Die Methoden von Norwegian Air International dürfen nicht Schule machen. Eine so zwielichtige Unternehmensstrategie bedroht die gesamte Branche und damit hunderttausende Arbeitsplätze in Europa."

Neben der schriftlichen Anfrage an die EU-Kommission und einem Brief von Mitgliedern des Verkehrs- und Sozialausschusses an die zuständigen Kommissare, drängen die SPDEuropaabgeordneten, dass sich auch das EU-Parlament mit dem Problem befasst.

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