„Quittung mit Ansage“

18. Juni 2015

Europäische Kommission geht offiziell gegen Dobrindts Maut vor

Nachdem die Kritik an der für 2016 geplanten deutschen Pkw-Maut auf EU-Ebene immer lauter wurde, hat die Europäische Kommission heute offiziell ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet. Verkehrsminister Dobrindt hat nun angekündigt, den Start zunächst auf Eis zu legen.

"Dobrindt kann es drehen und wenden wie er will: Seine Mautpläne diskriminieren ausländische Autofahrer und sind daher mit EU-Recht nicht vereinbar“, kommentiert Ismail Ertug, verkehrspolitischer Sprecher der sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament: „Obwohl die Europäische Kommission bereits seit längerem Warnsignale in Richtung Verkehrsministerium abgegeben und die Verkehrskommissarin sogar einen persönlichen Brief an Dobrindt geschickt hat, hat der Verkehrsminister stur an seinen Plänen festgehalten. Dass er nun die Handbremse zieht, kommt einem Schuldeingeständnis gleich. Es hat den Anschein, als ob Dobrindt die Mautpläne nur deshalb auf Biegen und Brechen weiter verfolgt, um sich daheim in Bayern politisch zu profilieren. Anders kann ich mir das nicht mehr erklären.“

Kernpunkt der Kritik bleibt weiterhin die einseitige Belastung von Ausländern. Inländische Autofahrer werden hingegen durch die gleichzeitige Senkung der Kfz-Steuer um die fällige Mautgebühr entlastet. Das verstößt gegen das Prinzip der im EU-Recht festgeschriebenen Nichtdiskriminierung.

Neben den europarechtlichen Fragen ist nach wie vor offen, ob die geplante Maut zu Mehreinnahmen für die Infrastrukturfinanzierung führt. "Ob Dobrindt die ursprünglich anvisierten 600 Millionen Euro überhaupt erlöst ist anzuzweifeln, denn dabei sind Verwaltungskosten noch nicht mit eingerechnet. Bei einem jährlichen Erneuerungsbedarf unserer Straßen von sieben Milliarden Euro, ist die PKW-Maut nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Viel sinnvoller wäre es, über eine Ausweitung der LKW-Maut nachzudenken", erklärt Ismail Ertug und ergänzt: "Der deutsche Fall zeigt deutlich, dass die Europäische Kommission dringend europaweit einheitliche Leitlinien für nationale Mautsysteme erarbeiten muss."

Nachdem das Verfahren offiziell eingeleitet wurde, hat die Bundesregierung nun zwei Monate Zeit für eine schriftliche Stellungnahme. Sollten die Zweifel der Europäischen Kommission nicht ausgeräumt werden, wird der Fall an den EuGH verwiesen - der vermutlich sogar vor dem geplanten Inkrafttreten das Gesetz aus dem Verkehr ziehen wird.

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