Kerstin Westphal: Besuch aus Polen - Offene Worte an die PiS-Regierung

Kerstin Westphal, MdEP

06. Juli 2018

Seit Anfang 2018 lädt das Europaparlament zu jeder Plenarsitzung einen Staats- beziehungsweise Regierungschef zu einer Debatte über die Zukunft Europas ein. Dieses Mal war Mateusz Morawiecki aus Polen an der Reihe. Sein Besuch kam in einer - vorsichtig formuliert - herausfordernden Zeit für die polnische Demokratie: Zu Beginn der Woche war ein neues Gesetz in Kraft getreten dass es erlaubt, fast die Hälfte der RichterInnen am obersten Gericht auszutauschen

In der Aussprache hat unsere sozialdemokratische Fraktion mehrfach auf diesen Widerspruch hingewiesen - wir reden über die Zukunft Europas, während die polnische Regierung rückwärts gewandte Schritte geht. Die national-konservative PiS-Partei hat ja nicht zum ersten Mal Reformen umgesetzt, die den Charakter der Demokratie in Polen stark verändern. Das Verfassungsgericht ist ja bereits zuvor massiv geschwächt worden. Ob es in Polen noch eine unabhängige Justiz gibt (und damit Gewaltenteilung) kann man inzwischen anzweifeln.

Doch dabei belässt es die PiS-Regierung offenbar nicht. Die öffentlichen Medien werden zunehmend beeinflusst, und jetzt plant man auch noch eine Änderung des Wahlgesetzes, um bei der Europawahl 2019 möglichst viele Sitze zu bekommen. Außerdem arbeitet man daran, das Gesetz zu Abtreibungen weiter zu verschärfen.

Die europäischen SozialdemokratInnen stehen fest an der Seite der polnischen Frauen, die weiter auf die Straße gehen und gegen dieses Gesetz demonstrieren. Solange die Zivilgesellschaft in Polen noch gegen ihre Regierung aufsteht, kann man noch hoffen. Aber das reicht natürlich nicht - wir unterstützen auch die EU-Kommission und das Verfahren gemäß Artikel 7 der EU-Verträge.

Das Verfahren ist das schärfste Sanktionsinstrument gegen Mitgliedstaaten und kann bis zum Entzug von Stimmrechten führen, wenn alle anderen EU-Länder einverstanden sind. Wir hoffen natürlich, dass es so weit nicht kommt, sind aber bereit diesen Weg notfalls zu gehen - auch das haben wir Mateusz Morawiecki mit auf den Weg gegeben. Die PiS-Regierung muss damit aufhören, die polnische Demokratie zu untergraben.

Das Recht aller Polinnen und Polen, genauso wie aller Menschen in Europa, muss gewahrt bleiben: Wir leben in einer freien, offenen und demokratischen Gesellschaft. Dafür wird auch unsere Fraktion im EU-Parlament jeden Tag kämpfen.

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