Ismail Ertug: Zeitumstellung abschaffen, Zeitzonen-Flickenteppich vermeiden

28. März 2019

In wenigen Tagen, am 31. März, ist es wieder soweit. Europa stellt die Uhren um. Damit könnte aber bald Schluss sein.

Das Thema Zeitumstellung bewegt viele Menschen in Europa, jeder von uns ist direkt und spürbar in seinem Alltag betroffen. Vor gut einem Jahr hatten die Europaabgeordneten mit Mehrheit die EU-Kommission dazu aufgefordert, die Vor- und Nachteile einer Abschaffung der Zeitumstellung abzuwägen. Denn die Umstellung von Sommer- und Winterzeit beeinträchtigt vor allem Kinder, ältere Menschen und Kranke in ihrem Biorhythmus. Es kommt zu mehr Unfällen im Straßenverkehr. Auch kann durch die Zeitumstellung, wie lange angenommen wurde, keine Energie eingespart werden. Eine Abschaffung der Umstellung in der EU könnte jetzt Abhilfe schaffen.

Die EU-Kommission hatte im Juli und August 2018 die EU-Bürgerinnen und Bürgern dazu aufgefordert, sich an einer EU-Konsultation zur Abschaffung der Zeitumstellung zu beteiligen. Insgesamt 4,6 Millionen Bürgerinnen und Bürger nahmen daran teil. Noch nie zuvor gab es eine so hohe Beteiligung an einer EU-Konsultation. Die höchste Rücklaufquote der Antworten kam mit über 70 Prozent aus Deutschland (3,1 Millionen), gefolgt von Frankreich (8,6 Prozent; 393.000) und Österreich (6 Prozent; 259.000). Das entspricht einer Beteiligung von fast vier Prozent der deutschen Bevölkerung. Die Menschen in Deutschland wünschen sich laut der Umfrage mehrheitlich die dauerhafte Sommerzeit.

Bislang sind die EU-Mitgliedstaaten jedoch noch sehr gespalten, was die Abschaffung der saisonalen Zeitumstellung betrifft. Sie werden voraussichtlich noch mehr Zeit benötigen, um in dieser Frage zu ihren nationalen Positionierungen zu finden Am Dienstag, 26. März 2019 hat das Europäische Parlament mit einer breiten Mehrheit für eine Abschaffung der Zeitumstellung gestimmt. Jetzt können die Trilog-Verhandlungen zwischen dem Europäischen Parlament, dem Ministerrat und der EU-Kommission beginnen, mit dem Ziel des Inkrafttretens die Richtlinie bis spätestens zum 1. April 2021. Ob ewige Sommer- oder Winterzeit liegt dann aber noch in den Händen der Mitgliedsstaaten. Denn: die EU hat keine Gesetzgebungskompetenz in der Frage über eine europäische Standardzeit.

Deshalb hat sich das Europäische Parlament für einen Koordinierungsmechanismus ausgesprochen, bestehend jeweils aus einem gewählten Vertreter eines jeden Mitgliedstaats und der Europäischen Kommission. Dieser Koordinierungsmechanismus soll die Mitgliedstaaten bei ihrer Entscheidung unterstützen und gewährleisten, dass kein Flickenteppich an Zeitzonen zwischen den Mitgliedstaaten entsteht. Denn ein Flickenteppich würde die Bürgerinnen und Bürger, den Verkehr und den Binnenmarkt stören. Nur eine Koordinierung der EU-Mitgliedstaaten ergibt Sinn. Darauf werden wir SPD-Europaabgeordnete bei diesem Thema besonders pochen.

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