Ismail Ertug: Ratsbeschluss zur Entsenderichtlinie: keine Ausnahme für den Transportsektor

25. Oktober 2017

Am 16. Oktober hat das Europäischen Parlament seine Position zur Überarbeitung der Entsenderichtlinie verabschiedet und da nun der Rat der Sozialminister am 23. Oktober ebenfalls zu einer Einigung gekommen ist, können die Trilogverhandlungen zwischen den Institutionen beginnen.

„Seit 2009 haben die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten vehement für die Überarbeitung der lückenhaften Entsenderichtlinie gekämpft und konnten uns nun mit zentralen Forderungen durchsetzen. Unsere Messlatte war und ist: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort“, erklärt Ismail Ertug. Die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wollen wichtige Klarstellungen am veralteten Regelwerk vornehmen. So sollen neben allgemeinverbindlichen auch regionale und branchenspezifische Tarifverträge für entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gelten. Zudem sollen die Kosten, die bei einer Entsendung anfallen, etwa der Transport zum Arbeitsort oder die Kosten für die Unterbringung, nicht – wie bisher oft üblich – vom Lohn abgezogen werden dürfen.

„Wir begrüßen es, dass sich der Ministerrat in den zentralen Punkten unserer Position sehr weit angenähert hat. Allerdings ist die Ausnahme des Transportsektors etwas das wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten auf keinen Fall hinnehmen können “, kritisiert Ismail Ertug. Der Ministerrat hat beschlossen, dass die überarbeitete Entsenderichtlinie für den Transportbereich nicht gelten sollte, sondern eine spezifische Lösung für diesen Wirtschaftszweig gefunden werden müsse. „Eine Ausnahme des Transportgewerbes, würde den ohnehin schon völlig entgrenzten Wettbewerb, der fast ausschließlich auf dem Rücken der Fahrer ausgetragen wird, noch weiter befeuern“, erklärt Ismail Ertug. „Das sozial- und lohnpolitische ‚Race to the bottom‘, ist einer der Kerngründe, warum die Bürgerinnen und Bürger ihr Vertrauen in die Europäische Union verlieren und in kaum einen Bereich zeigt sich dieses so deutlich wie im Straßengüterverkehr.“ Bis heute ist keine einzige Branche aus der Entsenderichtlinie ausgenommen. „Wir müssen verhindern, dass hier ein Präzedenzfall geschaffen wird, um die Diskussion über die Ausnahme weiterer Sektoren von vornherein zu beenden“, mahnt der Amberger Europaabgeordnete.

Das Argument der Gegenseite ist, dass Transportunternehmen bzw. Fahrer für 3 Tage / Monat von der Entsenderichtlinie befreit werden sollten, um bürokratischen Aufwand abzubauen. "Die Ausnahme von der Regel wäre unter Umständen noch viel schwieriger zu kontrollieren, als es jetzt ohnehin schon der Fall ist", meint Ismail Ertug, "an den Problemen die wir im grenzüberschreitenden Verkehr jetzt haben, dass Autobahnraststätten zum Teil vollkommen überfüllt und verdreckt sind, wird diese Regelung rein gar nichts ändern."

Die seit 1996 geltende Entsenderichtlinie soll Mindestbedingungen für Beschäftigte festlegen, die für eine begrenzte Zeit in einem anderen Mitgliedstaat der EU eine Dienstleistung erbringen als in dem Land, in dem sie normalerweise arbeiten. Der bisherige Rechtstext konnte jedoch Ausbeutung nicht wirksam verhindern, sodass Lohn- und Sozialdumping bei der Entsendung bislang an der Tagesordnung sind. Seit März 2016 läuft der Gesetzgebungsprozess zur Überarbeitung der Richtlinie.

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