Maria Noichl: Mädchen, keine Bräute

Maria Noichl, MdEP

06. Oktober 2017

In der vergangenen Woche setzte das Europäische Parlament ein klares Zeichen gegen Kinderehen. Für eine nachhaltige Bekämpfung fehlen jedoch nach wie vor der politische Wille und die richtigen Instrumente. Daher setzen sich die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten für die schnelle Ratifizierung der Istanbuler Konvention ein.

Folgenreiche Tradition

Schätzungen zufolge werden jedes Jahr 15 Millionen Mädchen auf der Welt vor ihrem 18. Geburstag verheiratet. Mädchen machen 82 Prozent der minderjährig verheirateten Kinder aus und nicht selten sind ihre Ehemänner Jahrzehnte älter als sie selbst. In vielen Ländern haben diese durch die Eltern arrangierten Ehen eine lange Tradition, in anderen Ländern nehmen diese Fälle auf Grund von unsicheren Situationen wie Krieg oder Armut wieder zu.

Viele Eltern denken, dass sie ihre Töchter nur so vor Armut, Perspektivlosigkeit oder Gewalt schützen können und unterschätzen dabei die Gefahren, die die von einer solchen Beziehung ausgehen: Mädchen, die bereits als Kinder verheiratet wurden, haben nicht nur seltener Zugang zu Bildung, und erreichen weitaus seltener Schulabschlüsse, sondern sind auch häufiger Opfer von Gewalt.

Auch, und gerade, sexuelle Gewalt kann Teil ihres Alltags sein. Es kann uns nicht kalt lassen, dass ihnen Schwangerschaften mit vielen Komplikationen bevorstehen und die Müttersterblichkeit bei verheirateten Mädchen zwischen 15 und 19 Jahren sogar die häufigste Todesursache ist. Kinderehen verletzen daher nicht nur die Rechte der Mädchen als Kinder und Menschen, sondern sie setzen zudem die Gesundheit und Zukunft dieser Mädchen aufs Spiel.

Kinderehen sind Teil der Gewalt, die gegen Mädchen und Frauen weltweit verübt wird. Denn diese Praxis gibt es nicht nur in den Ländern des globalen Südens, sondern auch in der EU. Während Deutschland Ehen mit Minderjährigen in diesem Jahr verboten hat, sind sie in Frankreich nach wie vor in Ausnahmefällen möglich. Ein Ausnahmefall ist dabei zum Beispiel eine frühe Schwangerschaft.

Europaabgeordnete mit klaren Forderungen

Wir Europaabgeordnete formulierten daher grundlegende Forderungen: Mädchen und Frauen müssen ihr eigenes Leben in die Hand nehmen dürfen, freie und informierte Entscheidungen treffen können und in ihrer Kindheit Kind bleiben dürfen. Dazu gehört, in einem nächsten Schritt, der Schutz und die Förderung der körperlichen und sexuellen Unversehrtheit. Die EU finanziert bereits Projekte in verschiedensten Ländern, die sich vor Ort mit Stereotypen und Traditionen auseinandersetzten und die Menschen über ihre negativen Folgen aufklären.

Ein guter Anfang, finden wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, denn nur Bildung, Aufklärung und Perspektiven werden diese Praxis in Zukunft verhindern können. Zudem muss in der EU, ihren Mitgliedstaaten und in Drittstaaten für eine schnelle Ratifikation der Konvention von Istanbul gesorgt werden (Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt). Diese kann den Schutzrahmen für Mädchen und Frauen verstärken und vereinheitlichen und würde so für eine bessere Bekämpfung von Gewalt gegen Mädchen und Frauen sorgen.

Die EU und ihre Mitgliedstaaten sind hier auf einem guten Weg. Wir werden uns als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten dafür einsetzen, dass weitere Länder und Regionen dieser Welt folgen.

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