Maria Noichl: Licht und Schatten bei der Vereinfachung von Agrarvorschriften

15. Dezember 2017

Am Dienstag hat das Europäische Parlament in Straßburg über Vereinfachungen der EU-Agrarvorschriften abgestimmt. Die neuen Regelungen bringen Licht, aber auch Schatten für die europäische Landwirtschaft.

Wie sehr sich Gesetzgebung zwischen einer Gesetzesinitiative der Europäischen Kommission und der schlussendlichen Abstimmung durch das Plenum des Europäischen Parlaments verändern kann, wurde diese Woche wieder deutlich. Die Europäische Kommission hatte im Zuge der sogenannten Omnibus-Verordnung, welche die Haushaltsordnung für die Ausführung des Haushaltsplans der EU betrifft, EU-Vorschriften auf verschiedenen Ebenen vereinfachen wollen.

Dafür wurde in die vier Grundverordnungen der Gemeinsamen Agrarpolitik (Direktzahlungen, ländliche Entwicklung, die gemeinsame Organisation der Agrarmärkte in der EU sowie Finanzierung und Kontrollen) eingriffen. Wir Abgeordnete im Agrarausschuss hatten dadurch die Möglichkeit, auch andere Artikel der Verordnungen zu ändern. Diese Möglichkeit führte zu einer Reihe von radikalen Reformvorschlägen der konservativ-liberalen Mehrheit im Ausschuss, zu Lasten von Biodiversität und zugunsten großer Agrarbetriebe.

Diese waren zudem konträr zu dem eigentlichen Vorschlag der EU-Kommission: Denn eigentlich sollte die Agrarpolitik mit der Omnibus-Verordnung nur vereinfacht und nicht die Greening-Auflagen gelockert werden. In der Ausschussabstimmung habe ich daher auch gegen die Omnibus-Verordnung gestimmt.

In den Verhandlungen mit dem Europäischen Rat und der Europäischen Kommission wurden die radikalen Vorschläge einiger Mitglieder meines Ausschusses herausgekegelt. Der Bericht war nun zumindest akzeptabel.

Auf der Habenseite steht nun unter anderem eine Reihe an administrativen Änderungen, die das Leben der europäischen Landwirtinnen und Landwirte sowie die Arbeit der nationalen Verwaltungen vereinfachen sollen. Bedeutungsvoller ist für mich, dass wir die Maßnahmen des Milchpakets verlängern konnten. Dadurch werden Landwirtinnen und Landwirte auch zukünftig die Produktion gemeinsam planen und Lieferverträge kollektiv aushandeln können.

Im Kampf mit den Molkereien um einen fairen Preis, sollen Lieferverträge zukünftig auch Angaben zu Menge, Preis und Laufzeit enthalten. Das ist ein erster Schritt hin zu einem fairen und stabilen Preis für die Milchbäuerinnen und -bauern. Auch beim Streitthema Dauergrünland gibt es hilfreiche Änderungen. Mitgliedstaaten werden zukünftig selbst entscheiden können, ob sie nicht umgebrochenes Land nach fünf Jahren automatisch zu Dauergrünland. Des Weiteren sehen die Vorschriften Initiativen gegen die Vergreisung der europäischen Landwirtschaft vor.

Fast ein Drittel aller BetriebsleiterInnen in der EU sind mindestens 65 Jahre alt. Die europäische Landwirtschaft geht gewissermaßen am Stock. Daher hat das Europäische Parlament Zusatzleistungen für Junglandwirtinnen und Junglandwirte durchgesetzt, die den Generationswechsel forcieren und begleiten sollen.

Auf der Mängelseite finden sich unter anderem eine höhere Subventionierung von Versicherungen gegen Ernteausfälle für Landwirtinnen und Landwirte sowie eine mögliche Aufweichung des Prinzips, wonach nur aktive Landwirtinnen und Landwirte Subventionen bekommen sollen. Mittel für die europäische Agrarpolitik sollten, meiner Meinung nach, in Zukunft nur noch nach dem Motto „Öffentliche Gelder für öffentliche Leistungen“ vergeben werden – öffentliche Subventionierung von Versicherungsunternehmen oder die Quersubventionierung von nicht-landwirtschaftlichen Betrieben gehören nicht dazu.

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