Maria Noichl: Europa - Grenzüberschreitend gesund

14. Februar 2019

Grenzüberschreitende Regionen machen 40% des Hoheitsgebiets der EU aus, mehr als ein Drittel der Europäerinnen und Europäer lebt in einer Grenzregion. Es sind vor allem diese Menschen, die für den Gang zur Ärztin oder ins Krankenhaus, auch das Nachbarland in Betracht ziehen. Aber räumliche Nähe ist nicht der einzige Grund, warum Menschen sich in einem anderen Mitgliedstaat behandeln lassen. Andere Behandlungsformen, bessere Kenntnis über eine seltene oder spezielle Krankheit oder auch persönliche Bindungen, spielen hier eine wichtige Rolle.

Um diesem Wunsch Rechnung zu tragen, wurde 2011 die Richtlinie über die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung verabschiedet. Diese sollte komplementär zur bereits verabschiedeten Verordnung zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit wirken und Behandlungen im EU-Ausland vereinfachen. Während die Verordnung beispielsweise die Nutzung der Europäischen Krankenversicherungskarte und die Versorgung im Notfall regelt, stellt die Richtlinie den rechtlichen Rahmen für geplante Leistungen der Gesundheitsvorsorge, wie zum Beispiel einen Termin bei einem Facharzt oder einer Fachärztin oder einen geplanten Eingriff mit anschließender stationärer Behandlung im Krankenhaus. Nicht dazu gehören Dienstleistungen im Bereich der Langzeitpflege oder der Zugang zu Organtransplantationen und Impfprogrammen. Die Kosten für die Behandlungen im Anwendungsbereich der Richtlinie werden erstattet, wenn sie zu den Gesundheitsleistungen gehören, auf die der Versicherte oder die Versicherte auch im Herkunftsland Anspruch hätte. Sprich: Erstattet wird so, wie es auch im Herkunftsland der Fall wäre. Kostet eine Behandlung in dem Land, in dem ich mich behandeln lasse, jedoch mehr, kann ich nicht mit einer höheren Erstattung rechnen. Die Erstattungssätze bleiben die des Herkunftslandes. Ambulante Behandlungen kommen meist ohne Vorabgenehmigung aus, stationäre brauchen diese in der Regel aber schon. Auf der sicheren Seite sind die Patientinnen und Patienten, wenn sie ihre Versicherung im Vorfeld kontaktieren und nachfragen.

Da jedoch die Mobilität der Patientinnen und Patienten zwischen den Mitgliedstaaten bisher eher gering ausfällt und damit Chancen auf engere Zusammenarbeit und bessere Behandlungen verpasst werden, haben nun die Europäische Kommission und das Europäische Parlament einen genaueren Blick auf die Umsetzung der Richtlinie geworfen.

Dabei wurde deutlich, dass die Mitgliedstaaten in einem ersten Schritt extreme Schwierigkeiten hatten, die Richtlinie umzusetzen. Die Kommission musste in den ersten Jahren gegen 26 der 28 Mitgliedstaaten Vertragsverletzungsverfahren wegen der unzulänglichen Umsetzung einreichen. Mittlerweile konnten die dort festgestellten Mängel in allen Ländern behoben werden. Hinderlich wirkt aber nach wie vor, dass eine Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger noch nicht von ihren Möglichkeiten weiß. Sie kennt die Richtlinie und die sich daraus ableitenden Rechte nicht, weshalb sie diese auch nicht in Anspruch nehmen kann. Auch die Nationalen Kontaktstellen, die über die Möglichkeiten informieren sollen, sind kaum bekannt. Dies führt zu Hindernissen in der Inanspruchnahme, aber auch in Bezug auf die Erstattungssätze.

Wir haben daher, in dem von uns dazu am Mittwoch verabschiedeten Bericht, die Kommission aufgefordert, die Umsetzung verschärft zu überwachen. Die Mitgliedstaaten dürfen EU-Bürgerinnen und EU-Bürger beim Zugang zu Gesundheitsleistungen auf keinen Fall benachteiligen und müssen einen Austausch an Wissen zwischen den einzelnen Gesundheitssystemen garantieren. Zudem muss nun umgehend eine großangelegte Kampagne zu den Rechten der europäischen Patientinnen und Patienten begonnen werden, damit sie diese auch nutzen können.

Gerade für Bayern mit seinen Grenzregionen ist die Richtlinie ein absoluter Mehrwert. Sollten Sie sich überlegen, sich im EU-Ausland behandeln lassen zu wollen, informieren Sie sich direkt über Ihre Möglichkeiten bei der deutschen Kontaktstelle unter https://www.eu-patienten.de/ !

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