Ismail Ertug: "Besorgniserregende Situation von Saisonarbeiter*innen in Deutschland"

24. April 2020

Aufgrund der in der Corona-Krise besonders besorgniserregenden Situation ausländischer Saisonarbeiter*innen in Deutschland wenden sich Ismail Ertug, Vizepräsident der S&D-Fraktion im Europäischen Parlament und die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der SPD-Delegation im Europäischen Parlament, Gabriele Bischoff, in einem Brief an Bundesinnenminister Horst Seehofer und Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner.

Hintergrund ist das am 02. April vorgelegte Konzeptpapier des BMI und des BMEL, das die begrenzte Einreise von Saisonarbeitskräften unter strengen Auflagen vorsieht.

Ertug und Bischoff erklären: „Wenn man in dieser schwierigen Zeit Ausnahmen von den geltenden Einreisebeschränkungen für Saisonarbeitskräfte vornimmt, ist es umso wichtiger, das die geltenden Mindeststandards bei Entlohnung und beim Arbeits- und Gesundheitsschutz in den Betrieben angewandt werden.“

In einigen Betrieben werden nach Informationen der beiden Europaabgeordneten Vertragspflichten verletzt und Mindestlohnstandards nicht eingehalten, beispielsweise durch den Abzug der Reise- und Unterkunftskosten: „Beschäftigte haben dann kaum die Möglichkeit sich gegen solche Willkür zur Wehr zu setzten, da sie in einem fremden Land sind und die Rückreise zentral vom Arbeitgeber organisiert wird. Außerdem ist durch den fast flächendeckenden Lockdown die ohnehin schwere Suche nach Hilfe, beispielsweise durch Gewerkschaften, so gut wie unmöglich“ so Ertug und Bischoff.

Zudem lässt das Konzeptpapier in wichtigen Aspekten Fragen offen, wie etwa bei der Festlegung der genauen Kapazität der Zimmerbelegung. Ertug und Bischoff betonen: „Die Probleme in der Landwirtschaft sind schon länger bekannt, aber gerade in der durch COVID-19 extrem schwierigen Situation, scheinen sie noch vermehrt zu Tage zu treten. Auch in Krisenzeiten sind Arbeitsschutzstandards und die Einhaltung des gesetzlichen Mindestlohns nicht obsolet. Die Lockerung des Arbeitszeitgesetzes - längere Arbeitszeiten, kürzere Ruhezeiten - haben wir dementsprechend mit Sorge wahrgenommen.“

Den Brief im vollem Wortlaut finden Sie hier

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