Maria Noichl: Mauer des Schweigens durchbrechen

Maria Noichl, MdEP

17. November 2017

Nach Vorwürfen in Hollywood, Frankreich, Österreich und im Europäischen Parlament, ebbt die Diskussion um sexuelle Belästigung und Gewalt gegen Frauen nicht ab. Das darf sie auch nicht, soll ein nachhaltiger Wandel der Gesellschaft garantiert werden.

Im Zuge der Debatte über Harvey Weinstein und der Kampagne #metoo hatten sich in den vergangenen Wochen auch Frauen aus dem Brüsseler Politikbetrieb zu Wort gemeldet und über ihre Erfahrungen mit sexueller Belästigung gesprochen. In zahlreichen Presseanfragen, die in den letzten Wochen bei mir eingingen, ging es vor allem darum, wie das Parlament reagieren wird und was für Konsequenzen aus diesen Übergriffen gezogen werden sollten.

Allen voran die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten hatten sich in der letzten Plenarsitzung in Straßburg für die Verabschiedung eines Entschließungsantrages zu diesem Thema eingesetzt. Dabei ging es darum, konkrete Forderungen in Bezug auf die Aufarbeitung innerhalb des Parlaments zu formulieren, aber auch darauf hinzuweisen, dass Frauen nach wie vor in ganz Europa betroffen sind.

Eine der wichtigsten Forderungen durch die SozialdemokratInnen war eine unabhängige Untersuchung der Vorfälle durch externe Expertinnen und Experten, um sicherzustellen, dass den Betroffenen unvoreingenommene Unterstützung zukommt und die Fälle umgehend aufgeklärt werden. Des Weiteren sprachen wir uns für eine Sensibilisierungskampagne für Abgeordnete und alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus, um deutlich zu machen, was sexualisierte Gewalt ist und wo die Grenzen verlaufen.

Ziel muss es dabei sein, ein Klima zu schaffen, das keinen Zweifel lässt, dass jede Form sexueller Belästigung inakzeptabel ist.

Der Entschließungsantrag wurde mit überwältigender Mehrheit angenommen: 580 Abgeordnete stimmten dafür, zehn dagegen und 27 enthielten sich. Von den deutschen Europaabgeordneten im Europäischen Parlament hat zwar niemand gegen den Entschließungsantrag gestimmt, es haben sich jedoch einige enthalten: Hans-Olaf Henkel (LKR), Bernd Kölmel (LKR), David McAllister (CDU), Joachim Starbatty (LKR), Udo Voigt (NPD) und Hermann Winkler (CDU).

Die Abstimmung, die Ende Oktober stattfand, hat uns im Europäischen Parlament auch in dieser Woche begleitet. Und sie wird es auch noch in den nächsten Wochen und Monaten tun. Auch die Debatte um Fälle in anderen Ländern, anderen Institutionen, Unternehmen oder im öffentlichen Raum, wird in den nächsten Monaten nicht verstummen.

Als SozialdemokratInnen werden wir uns für eine kontinuierliche Weiterführung der Debatte über den Umgang mit den Fällen, über strukturelle Gewalt gegen Frauen, bis hin zum Thema falsch verstandener Rollenbilder, einsetzten.

Wir dürfen sexuelle Gewalt von Männern nicht als Normalität abtun. Wir müssen aufhören, Übergriffe als unvermeidliche Einzelfälle kleinzureden. Und Frauen müssen endlich sicher sein können, dass ihnen nicht nur alle Jahre wieder während eines Medienskandals Gehör geschenkt wird, sondern immer und überall. Der Frauenrechtsausschuss des Parlaments macht dies schon seit Jahrzehnten deutlich, nun ist es an der Zeit, dass auch wirklich alle hinhören und entsprechend handeln.

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